Allgemeines

Lehrende:r
Heidi Bayer

Foto von Heidi Bayer.

Veranstaltung
Ensembleleitung: Popularmusik II

Modul
mus710 – Musikpraxis

Studiengang
Musik – Master of Education (Gymnasium)

Fakultät
Fakultät III – Sprach- und Kulturwissenschaften

Institut
Institut für Musik

Semester
SoSe 2020

Turnus
Wöchentlich

Anzahl Studierende
9

KP des Moduls
10

Prüfungsform
4 fachpraktische Teilprüfungen in: Ensembleleitung, Chorleitung, Instrumentalspiel, Gesang und Sprechen

Preis der Lehre 2019/20
Kategorie: Digitalisierung in der Hochschullehre

Kategorien
Digitale Medien
Kunst, Materielle Kultur und Musik
Lehrkräftebildung
Online-Meetings
Praxis
Preis der Lehre
Video

Die Übung „Ensembleleitung Popularmusik“ hat zum Ziel, angehende Lehrer*innen in der Leitung schulischer Ensembles im popularmusikalischen Kontext auszubilden. Die Studierenden lernen anhand eines zeitgleich bereitgestellten studentischen Ensembles die wesentlichen Aspekte der Ensembleleitung kennen – wie beispielsweise elementare Schlagtechniken und Grundlagen des Dirigats (Mimik, Gestik, Atmung), Entwicklung von Probekonzepten, korrekte Ausführung der Swing-Phrasierung, Methoden im Bereich der Rhythmik, des Blendings, des Zusammenspiels und der Probenmotivation.

Das Fach Ensembleleitung ist somit ein wesentlicher Bestandteil in der Ausbildung angehender Musiklehrkräfte und bereitet darauf vor, die Bandarbeit an Schulen aktiv mitzugestalten. Gute Ensembleleiter*innen können ihre Schüler*innen in ihrer individuellen persönlichen und musikalischen Entwicklung gezielt fördern.

Zum Sommersemester 2020 wurde die Übung „Ensembleleitung Popularmusik“ vor eine große Herausforderung gestellt: Die Lehrveranstaltung musste digital umgesetzt werden. Die Studierenden hatten keine Gelegenheit anhand eines realen Ensembles zu üben, vor allem die verbale und nonverbale Kommunikation mit dem Ensemble. Mein Lehrkonzept bestand aus den folgenden fünf Komponenten:

1. Lehrvideos zum Lernen mit freier Zeiteinteilung

Um eine genaue Beobachtung von Mimik, Gestik, Atmung, Phrasierung und kleinsten Details in Hand- und Fingerbewegungen zu ermöglichen, produzierte ich wöchentlich etwa 20-minütige Lehrvideos. Dazu nutzte ich ein Headset und ein Interface sowie die Software „Quicktime-Player“. So war es mir – anders als beim Arbeiten mit einer externen aufgestellten Kamera – möglich, mich selbst über die integrierte Kamera meines Rechners aufzunehmen und gleichzeitig den Bildausschnitt auf dem Monitor im Blick zu haben. Beim Vormachen von Dirigierübungen war es immens wichtig, auf eine verständliche und langsame Wiedergabe zu achten und den Bildausschnitt der Kamera beim Dirigieren niemals zu verlassen. Durch das Interface war es möglich, zeitgleich eine gute Audioqualität der Hörbeispiele zu garantieren.

Anhand dieser Videos konnten die Studierenden beliebig oft und in freier Zeiteinteilung üben. Anders als bei einem „Live-Seminar“ über BigBlueButton war so ein selbständiges Arbeiten durch wiederholtes Anschauen der Videos und genaue Beobachtungen möglich. Die Videos stellte ich auf meinem YouTube-Kanal als „nicht gelistet“ zur Verfügung, sodass alle Studierenden nur durch den wöchentlich bereitgestellten Link – datenschutzkonform sowie ohne Anmeldung und ohne den Download von großen Datenmengen – auf dem eigenen Rechner Zugang hatten. Die Plattform wählte ich, weil sie auch über den Browser kleinerer mobiler Endgeräte eine einfache Handhabung und übersichtliche Darstellung ermöglicht.

2. Begleitendes Lehrmaterial

Über Stud.IP erstellte ich Seminarordner für jede Semesterwoche, in denen ich seminarbegleitende Materialien und Aufgaben in Form von PDFs, MP3-Dateien und zusätzlichen Video-Tutorials zur Verfügung stellte. Bei den Video-Tutorials handelte es sich um Bildschirmaufnahmen meines Rechners, durch welche ich harmonische Analysen besser darstellen und besprechen konnte.

Jeder Seminarordner wurde zugleich mit einem Aufgaben-Abgabeordner versehen. Dort konnten die Studierenden bis zu einer wöchentlichen Deadline ihre Inhalte hochladen. Gerade durch die ansonsten freie Zeiteinteilung der Übung erschien mir dieser Aspekt besonders wichtig, um jede Woche ein konkretes Ziel zu haben.

3. Erstellung und Upload von Videomaterial durch die Studierenden

Die Aufgaben bestanden aus schriftlichen Arbeiten (etwa Harmonieanalysen oder Konzeptentwicklung für Warm-Ups und Probenpläne) und von den Studierenden selbst angefertigten Videos über die Videokamera ihres Handys oder Laptops. So konnten sie etwa ihre Schlagtechniken des Dirigats, das Angeben von Einsätzen, ihren Gesang und ihr rhythmisiertes Sprechen von Swing-Phrasierungen selbst aufnehmen.

Die Videos der Studierenden dauerten ca. 3–7 Minuten. Jede*r Studierende erhielt anschließend ein individuelles Feedback von mir. Um ein möglichst genaues Feedback geben zu können, erstellte ich jeder/jedem Studierenden wöchentlich Sprachnachrichten als Audiodateien, die sie einzeln per E-Mail erhielten. Ich versuchte, markante Stellen in den Videos unter Nennung der Zeitangaben genau zu beschreiben, Korrekturvorschläge detailliert aufzuzeigen und vorzusprechen bzw. -singen, Übungsanleitungen zu geben und individuelle Schwerpunkte zu finden und zu setzen.

Gelegentlich reichte das Audiomaterial als Feedback nicht aus, da die visuelle Ebene zur Veranschaulichung fehlte: Hier erstellte ich separate Videos für einzelne Studierende, die sich mit gewissen Übungen schwerer taten und zusätzliche Unterstützung brauchten. Diese lud ich ebenfalls bei YouTube hoch und verschickte einen personalisierten Link per E-Mail.

Es war sehr eindrucksvoll zu sehen, welche Fortschritte die Studierenden im Laufe des Semesters machten. Durch das Erstellen von Videos konnten sie sich anhand von wiederholbaren Selbstbeobachtungen verbessern. In einem rein analog durchgeführten Kurs wäre diese Ebene der Selbstreflexion nicht in diesem Maße vorhanden. Um sicherzustellen, dass die Studierenden weder über- noch unterfordert waren oder technische Probleme mit der Internetverbindung oder ihrem Equipment auftraten, forderte ich nach den ersten beiden Sitzungen des Semesters von jeder/jedem Teilnehmer*in ein Feedback ein.

Nach Auswertung des Feedbacks verringerte ich das Lerntempo des Kurses etwas und bot alternative Lösungen für diejenigen an, bei denen die Technik nicht wie gewünscht funktionierte oder die sich durch die anhaltende digitale Kommunikation überfordert fühlten. Nach ersten anfänglichen Hürden in den ersten drei Wochen stellte sich dadurch erfreulicherweise bald eine Routine, Offenheit und Neugier im Umgang mit digitalen Unterrichtsmethoden ein.

4. Lernen in Tandems

Meiner Ansicht nach hilft das eigene Erklären eines Sachverhalts dabei, ihn zu verinnerlichen und besser zu verstehen. Aus diesem Grund erstellte ich zu Beginn des Semesters eine Liste mit Tandempartner*innen: Die Studierenden bildeten wöchentlich unterschiedliche Zweier-Pärchen und schickten dasselbe Video, das sie für mich in ihren jeweiligen Aufgabenordner hochluden, an ihre*n Tandempartner*in aus dem Kurs.

Auf diese Weise erhielten sie weiteres Feedback von einer zweiten Person und hatten die Möglichkeit, auch selbst Feedback zu geben. Vielfältige Praktiken wie Beobachten, Hinterfragen, Erklären, Sondieren, Vermitteln und – nicht zu vergessen – auch das eigene Annehmen von Kritik wurden dadurch von allen Teilnehmenden praktiziert.

5. Webkonferenz via BigBlueButton

In den letzten zwei Wochen vor der Prüfung, welche in der letzten Semesterwoche in Präsenz stattfand, erhielten alle Studierenden eine individuelle Online-Beratung über BigBlueButton.

Fazit

Digitaler Lehre in einem so praktisch veranlagten Kurs wie Ensembleleitung stehe ich nach diesem Semester sehr aufgeschlossen gegenüber. Sie kann nicht nur ein notwendiges „Ausweichmanöver“ sein, sondern ungeahnte Chancen mit sich bringen und Entwicklungsprozesse der Studierenden sogar beschleunigen.

In Kombination mit Praxisanteilen ist sie eine wertvolle Ergänzung zum Präsenzunterricht. Ich habe daher beschlossen, digitale Formate von nun an dauerhaft – zumindest anteilig – in meine Lehre im Bereich Ensembleleitung zu integrieren.