Allgemeines

Lehrende:r
Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Rauh

Foto von Andreas Rauh (Person in Anzug mit Brille und Bart)

Veranstaltung
Projekt „Forschendes Lernen“ – Mobiles Multiagenten-Robotersystem (2.01.804 und 2.01.811)

Modul
inf811 – Spezielle Themen der Informatik II

Studiengang
Master – Informatik / Wirtschaftsinformatik / Umweltmodellierung

Fakultät
Fakultät II – Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften

Institut
Institut für Informatik

Semester
WiSe 2022/2023 und SoSe 2023

Turnus
Wöchentlich oder Block

Anzahl Studierende
12

KP des Moduls
6 KP

Prüfungsform
Portfolio

Kategorien
Forschendes Lernen
Informatik
Projekt

Das Forschungsseminar “Mobiles Multiagenten-Robotersystem” befasst sich zunächst mit der Modellbildung von Robotersystemen. Da solche Systeme in modernen Umgebungen des Verkehrs und der Industrie 4.0 immer wichtigere Rollen einnehmen, müssen diese genau erforscht werden. Die Studierenden sollen hierbei Forschungsfragen selbst formulieren, mit denen sie sich im Rahmen des Projekts wissenschaftlich beschäftigen. Die Verfügbarkeit mehrerer Turtlebot-Burger-Roboter ermöglicht eine praxisnahe Arbeit in einem forschungsnahen Kontext. Durch regelmäßige Fortschrittsberichte wird eine forschungsnahe Atmosphäre mit Kommiliton*innen geschaffen und zielt auf den fachlichen Austausch zwischen Forschenden ab. So können die Studierenden sich bei ihren Forschungsfragen gegenseitig Ideen geben und gemeinsam auf neue Ergebnisse hinarbeiten. Studierende schnuppern in den Forschungsprozess in einer „Community“ hinein. Die Validierungsmöglichkeiten, die durch die Turtlebots gegeben sind, verleihen den Ausarbeitungen der Studierenden die nötigen Evaluationsergebnisse, die komplementär zu den entwickelten theoretischen Konzepten sind.

Zwei Menschen sitzen nebeneinander an einem Schreibtisch, auf dem zwei Monitore stehen. Im Hintergrund sind Schultafeln zu sehen.
Figure 1: Erfassung von Umgebungsinformation durch Kamerabilder und Lidar-Sensorik
Bild eines Roboterkonstruktes, bei dem viele Einzelteile, u.a. auch Räder erkennbar sind.
Figure 2: Turtlebot-Burger als mobile Roboter-Lehr- und Lernplattform
Video 01: Hinderniserkennung und Geschwindigkeitsregelung
Video 02: Simulative Validierung von Regelungsstrategien zur Folge einer Wunschbahn auf Basis von Lidar-Messdaten
Video 03: Experimentelle Validierung – Folgen einer Wand in konstantem Abstand

Inhalte und Lernziele

Die Studierenden werden in 3er – 4er Gruppen aufgeteilt, die zusammen ein übergeordnetes Szenario bearbeiten. Beispielhaft könnten solche Anwendungsszenarien so aussehen:

  • Anwendungsszenario 1: Objekterkennung und Kollisionsvermeidung
  • Anwendungsszenario 2: Autonomes realitätsnahes Fahrverhalten implementieren

Daran anschließend formulieren die Studierenden anhand geeigneter Literatur ihre eigenen Forschungsfragen. Dies führt zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten, wie beispielsweise:

  • Modellbildung von Robotersystemen
  • Parameteridentifikation
  • Dynamische Simulation
  • Grundlegende Regelungssynthese
  • Entwicklung verteilter Multiagenten-Systeme
  • Evaluierung von Kommunikationsstrategien und -protokollen

Diese Schwerpunkte stellen grobe Zielrichtungen dar und ermöglichen es, während der Befassung mit den jeweiligen Forschungsfragen Schnittmengen zwischen den Projektgruppen zu identifizieren.

Um die wissenschaftliche Forschung effektiv und zielgerichtet auszuführen, müssen ausgiebige Literaturrecherchen erfolgen. So kann die eigene Fragestellung gut eingeordnet werden. Die Studierenden erlangen damit ebenfalls eine vertiefte Kompetenz im gewählten Fachbereich.

Sobald nach der Einarbeitung in methodische Grundlagen die ersten Schritte zur Umsetzung von Betriebsführungsstrategien auf den verfügbaren TurtleBots anstehen, werden Fähigkeiten im Umgang mit realer Hardware und realer Umwelt notwendig. Diese werden durch frei verfügbare Dokumentationen vermittelt, aber müssen auch selbst angeeignet werden. Zusätzlich rücken unterschiedliche Softwareumgebungen in den Fokus, die mit den TurtleBots bereits erprobt sind (u.a.  ROS2, Python, Matlab/Simulink). Gängige Simulationsumgebungen für Robotersysteme, beispielsweise Gazebo, ermöglichen eine simulative Validierung der von den Studierenden entwickelten Programme vor deren Umsetzung auf der verfügbaren Hardware.

Neben der eigentlichen Lösungsfindung nimmt die Entwicklung von Fähigkeit der Studierenden im Rahmen des Projektmanagements eine tragende Rolle ein. So sollen diese ihre Ergebnisse, Fortschritte und momentanen Herausforderungen fortwährend präsentieren und konstruktiv mit ihren Kommilliton*innen neuartige Lösungsansätze für den weiteren Projektfortschritt entwickeln.

Insgesamt ist das vorrangige Ziel das Auseinandersetzen mit der Forschungsfrage der Implementierung mobiler Multiagenten-Robotersysteme in einem praxisnahen Kontext. Hierzu nehmen die Programmierung und Validierung der eigenen Konzepte und die Arbeit mit realer Hardware eine Schlüsselrolle ein.

Des Weiteren steht das Aneignen folgender Kompetenzen im Mittelpunkt:

Fachkompetenz: Die Studierenden…

  • … verfügen über umfassende Kenntnisse über neueste technische und wissenschaftliche Entwicklungen in der Informatik.
  • …sind in der Lage, Informatik-Methoden und -Vorgehensmodelle auf die spezifischen Anforderungen von IT-Anwendungsgebieten zu übertragen.
  • …sind in der Lage, die Möglichkeiten und Grenzen informatischer Verfahren und Werkzeuge kritisch zu bewerten und diese angemessen einzusetzen.

Methodenkompetenz: Die Studierenden…

  • …sind in der Lage, Probleme zu analysieren, formal zu modellieren und angemessen zu untersuchen.
  • … sind in der Lage, verschiedene Lösungsansätze für informatische Probleme zu identifizieren und darzustellen.
  • … können geeignete Werkzeuge und Methoden auswählen und evaluieren, die den Anforderungen der jeweiligen Aufgabenstellung gerecht werden.
  • … sind in der Lage, Probleme anhand technischer und wissenschaftlicher Literatur zu untersuchen.

Sozialkompetenz: Die Studierenden…

  • …zeigen Teamfähigkeit und sind in der Lage, effektiv in Gruppen zu arbeiten.
  • … können sich erfolgreich in ein Team integrieren, kooperieren und gemeinsam an Aufgabenstellungen arbeiten.

Selbstkompetenz: Die Studierenden…

  • … sind in der Lage, ihr eigenständiges Vorgehen in der Informatik zu planen. 
  • … können ihre Arbeitsprozesse strukturieren, Prioritäten setzen und eigenverantwortlich handeln.
  • … zeigen Selbstständigkeit und Eigeninitiative bei der Bewältigung von Aufgaben und entwickeln eine proaktive Arbeitsweise.

(Lern-)Aktivitäten der Studierenden

Die Lernaktivitäten der Studierenden umfassen verschiedene Schritte: das Planen, Implementieren, Testen, den Austausch mit Lehrenden und Studierenden, das Auseinandersetzen mit Hardware und deren Implementierung, die Präsentation von Zwischenständen und Ergebnissen sowie das Aneignen neuen Wissens.

Während der Bearbeitung der Szenarien ist der Austausch mit Lehrenden und Studierenden von entscheidender Bedeutung. Die Studierenden treffen sich in diesem Projekt regelmäßig mit ihren Dozenten, um Feedback zu erhalten, Fragen zu klären und ihre Fortschritte zu besprechen. Der Austausch mit Kommiliton*innen ermöglicht es zudem, verschiedene Perspektiven zu erhalten und aufkommende Fragen zu klären. Dafür ist eine gute Selbstorganisation unabdingbar.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Auseinandersetzen mit Hardware und deren Implementierung. Im Vordergrund steht hier die Arbeit mit dem Turtlebot, seiner Aktorik und Sensorik wie Kameras und Infrarot-Abstandsmessungen, Matlab/Simulink, Python und ROS2. Die Studierenden müssen sich mit den erforderlichen Tools vertraut machen und ihre Implementierung entsprechend planen und durchführen.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Studierenden kontinuierlich neues Wissen erwerben. Dies umfasst das Lesen relevanter Fachliteratur, sowie das Verfolgen aktueller Entwicklungen auf dem Gebiet der Forschungsfrage und die Beschäftigung mit der Forschung der Mitstudierenden. Insgesamt bieten diese Lernaktivitäten den Studierenden die Möglichkeit, ihre Forschungsfrage systematisch zu bearbeiten, Feedback von Lehrenden und Studierenden zu erhalten, sich mit Hardware und deren Implementierung auseinanderzusetzen, ihre Fortschritte zu präsentieren und ihr Wissen kontinuierlich zu erweitern. Dies ermöglicht ihnen eine umfassende erste Erfahrung in der Forschung und einer Community.

Prüfung und Bewertung

Die Leistung wird in Form eines Portfolios geprüft. Hierzu zählen sowohl eine Zwischen- als auch eine Endpräsentation und die Dokumentation der erarbeiteten Ergebnisse. Insbesondere zählt hierzu auch die Ausarbeitung zur Forschungsfrage und die zugehörige intensive Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Kontext. Der Austausch mit den anderen Studierenden im Modul spielt ebenso eine wesentliche Rolle.

Erfahrungen

Im Laufe des Konzepts waren die Studierenden der selbständigen, wissenschaftlichen Arbeit und der Entwicklung von Soft Skills ausgesetzt. Dieses Konzept bietet eine Reihe von Vorteilen, aber es gibt auch ein paar Bereiche, die verbessert werden können.

Eine der herausforderndsten Aspekte waren die Abhängigkeiten von Gruppenmitgliedern. Eine gute Zusammenarbeit ist in dieser Form der Veranstaltung notwendig. Zukünftig sollten die Organisation und Strukturierung der Gruppenarbeit noch stärker betont werden, um die Studierenden von vornherein zu motivieren, diese Aspekte selbst als eine ihrer Aufgaben zu verstehen.

Ein weiterer Aspekt, der in künftigen Semestern berücksichtigt wird, ist die fortwährende Aktualisierung von Ressourcen. Diese umfassen neben methodischer Literatur auf Grundlage aktueller Publikationen auch Grundlagenwerke, die als Einführung in die genutzten Softwareumgebungen dienen.

Es ist hervorzuheben, dass sich insbesondere das selbstständige Arbeiten der Studierenden als äußerst wertvoll erwiesen hat. Es ermöglicht den Studierenden, ihre eigenen Fähigkeiten und ihr Wissen zu erweitern, ihre Zeit effizient zu planen und Verantwortung für ihr eigenes Lernen und Forschen zu übernehmen.

Auch die Möglichkeit der freien Präsentationen hat sich als äußerst effektiv erwiesen. Indem die Studierenden ihre Arbeit vor anderen präsentieren, verbessern sie ihre Kommunikationsfähigkeiten und ihre Fähigkeit, Sachverhalte verständlich zu vermitteln.

Des Weiteren war die Absprache mit den Lehrenden ein positiver Faktor. Die Möglichkeit, regelmäßig Feedback und Unterstützung zu erhalten, hat den Lernprozess und Forschungsfortschritt verbessert. Dazu kommt die gute Betreuung der Studierenden. Die Anwesenheit einer qualifizierten Betreuungsperson, die bei Fragen und Problemen zur Verfügung stand, hat die Arbeitsweise erleichtert.

Schließlich sind auch die räumlichen Gegebenheiten für die Validierung von Arbeiten und die Verfügbarkeit von geeigneter Hardware von großer Bedeutung. Die gute technische Infrastruktur ermöglichte den Studierenden, ihre Forschung effektiv durchzuführen und ihre Ergebnisse zu validieren.

Aus Sicht der Lehrenden stellt diese Art von Projektveranstaltung einen wesentlichen Beitrag zur selbstständigen, forschungsorientierten Lehre im Studium dar und sollte in breitem Umfang eingesetzt werden. Dieses Konzept wird daher ab dem Wintersemester 2023/2024 auch auf ein Modul „Hardware-in-the-Loop Simulation in Energy Informatics“ übertragen. Hierbei werden die Modellbildung sowie realitätsnahe Simulation von Komponenten verteilter Energiesysteme (z.B. Brennstoffzellen, thermische und elektrochemische Energiespeicher sowie Kommunikationsprototolle) im Fokus stehen.

Eine erfolgreiche Umsetzung derartiger Projekte ermöglicht es, Studierende zur Vertiefung auf dem Gebiet des angebotenen Projekts zu motivieren, seien es vertiefende Vorlesungsveranstaltungen oder aber auch Abschlussarbeiten.