Allgemeines
Lehrende:r
Andreas Hiemstra
Veranstaltung
Taaltypologie: Overeenkomsten en verschillen tussen West-Germaanse morfologie en syntaxis
Modul
ned349 – Sprache, Erwerb, Verarbeitung & Analyse
Studiengang
Niederlandistik – Zwei-Fächer-Bachelor
Niederländisch – Master of Education (Wirtschaftspädagogik)
Fakultät
Fakultät III – Sprach- und Kulturwissenschaften
Institut
Institut für Niederlandistik
Semester
SoSe 2022
Turnus
Wöchentlich
Anzahl Studierende
9
KP des Moduls
6
Prüfungsform
Hausarbeit
Kategorien
Blog
Forschendes Lernen
Projekt
Seminar
Sprach- und Literaturwissenschaften
Stud.IP
Die Lehrveranstaltung „Taaltypologie: Overeenkomsten en verschillen tussen West-Germaanse morfologie en syntaxis“ wurde im Rahmen des Studiengangs Niederlandistik/Niederländisch angeboten. Das Seminar fand während des Sommersemesters 2022 einmal wöchentlich in Präsenz statt. Die Studierenden haben im Sinn des ‚Forschenden Lernens‘ eigenverantwortlich und kollaborativ sprachwissenschaftliche Forschungsvorhaben zum Thema ‚Sprachtransfer im Drittsprachenerwerb (Deutsch/Englisch/Niederländisch)‘ durchgeführt.
Einleitung
Im Seminar stand die Forschung zum Einfluss der Erstsprache Deutsch und der Zweitsprache Englisch auf die Morphologie und Syntax der Drittsprache Niederländisch (Sprachtransfer) im Zentrum. Konkret ging es dabei um den Einfluss des Deutschen und des Englischen auf die Sprachproduktion des Niederländischen, welcher im Gegensatz zum Einfluss auf die entsprechende Sprachverarbeitung bisher nur unzureichend untersucht wurde.
Die Studierenden wurden zu Beginn des Semesters im Rahmen der wöchentlichen Seminarveranstaltungen mit Theorien zum Sprachtransfer sowie mit Methoden zur Untersuchung von Sprachtransferphänomenen vertraut gemacht. Im weiteren Verlauf des Semesters haben die Studierenden in Kleingruppen eigenverantwortlich sprachwissenschaftliche Forschungsvorhaben entwickelt. Dieser Prozess wurde im Rahmen der Seminarveranstaltungen, welche in Form einer Experimentierwerkstatt durchgeführt wurden, reflektiert und wenn nötig modifiziert. Begleitet wurden die Seminarveranstaltungen durch Workshops, welche von einer Tutorin angeboten wurden. Zentral standen hierbei die Themen Datenerhebung, Datenanalyse und Datenpräsentation. Die Tutorin unterstütze die Studierenden zudem bei administrativen Aufgaben wie beispielswiese die Anwerbung, Verwaltung und Vergütung der Studienteilnehmenden. Die Vergütung der Tutorin und der Studienteilnehmenden wurde dankenswerterweise durch die finanzielle Förderung der Hochschuldidaktik ermöglicht.
Die Dokumentation des Forschungsprozesses sollte mit Hilfe eines Blogs erfolgen. Im Rahmen des Blogs sollten die Studierenden wöchentlich ihren Fortschritt präsentieren, aber auch Rückschläge, Zweifel und Fragen festhalten. Der Blog sollte als Impuls für die Lehrveranstaltungen dienen, in denen die Studierenden kollaborativ Problemlösungen für den Forschungsprozess erarbeiten und die weiteren Arbeitsschritte planen sollten. Im Laufe des Semesters wurde allerdings deutlich, dass diese Art der Eigenverantwortlichkeit eine zu große Herausforderung für die Studierenden darstellte. Dementsprechend wurde der Blog in ein Lerntagebuch im Sinn einer Ergebnissicherung umgewandelt: Fragen, Unklarheiten sowie mögliche Lösungswege wurden im Plenum während der Seminarveranstaltungen aufgegriffen und durch einzelne Studierende in Form einer Mitschrift festgehalten. Diese Mitschriften wurden auf Stud.IP im Lerntagebuch veröffentlicht.
Inhalte und Lernziele
Hinsichtlich des Einflusses der Erstsprache und der Zweitsprache auf die Drittsprache gibt es eine Reihe von Modellen, die diesen Einfluss beschreiben. Das „Typological Primacy Model“ (Rothman, 2010) und die „L2 Status Faktor Hypothese“ (Bardel & Falk, 2007) haben bisher die größte Aufmerksamkeit in der Forschungsliteratur erhalten. Rothman geht davon aus, dass die Sprache, die näher mit der Drittsprache verwandt ist, den größeren Einfluss auf die Drittsprache hat. Bardel und Falk gehen davon aus, dass die Zweitsprache stets den größeren Einfluss auf die Drittsprache hat. Bei deutschsprachigen Lernenden des Niederländischen stellt sich somit die Frage, ob die näher verwandte Sprache Deutsch oder die Zweitsprache Englisch den größeren Einfluss auf die Sprachproduktion des Niederländischen hat.
Die Studierenden haben Forschungsprojekte entwickelt, in denen die Produktion von Verb-Clustern und Superlativen mit Hilfe von Sprachproduktionsaufgaben (Lückentexten) untersucht wurde. Im Niederländischen gibt es hierfür jeweils zwei mögliche grammatikalische Formen. Eine Form stimmt mit der deutschen Form überein, die andere mit der englischen Form. Fraglich war, welche Form deutschsprachige Lernende des Niederländischen produzieren: Die Form des näher verwandten Deutschen oder die Form der Zweitsprache Englisch? Diese Frage sollte mithilfe der Forschungsvorhaben beantwortet werden.
In der obenstehenden Tabelle ist ein Ausschnitt der Sprachproduktionsaufgabe abgebildet: Ein Lückentext, der die Studienteilnehmenden dazu führt, niederländische Superlative und Verb-Cluster zu produzieren. Hier wurde beispielsweise sowohl die englisch inspirierte Form des Superlativs „het meest intelligent“ (anstelle der dem Deutschen nachgebildeten Form „het intelligentst“) als auch die englisch inspirierte Form des Verb-Clusters „heeft gedroomd“ (anstelle der dem Deutschen nachgebildeten Form „gedroomd heeft“) produziert.
Die folgenden Lernziele standen im Rahmen der Lehrveranstaltung im Fokus: Die Studierenden…
- gewinnen Kenntnisse über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen westgermanischer Morphologie und Syntax,
- erhalten ein Verständnis davon, wie die Kenntnis verschiedener westgermanischer Sprachen den Erwerb niederländischer Morphologie und Syntax beeinflussen kann und werden mit sprachwissenschaftlichen Modellen und Faktoren, die hierbei eine Rolle spielen, vertraut gemacht,
- erwerben Kenntnisse über Methoden der Sprachtransferforschung sowie die Kompetenz, diese im Rahmen eines Forschungsprojekt anzuwenden,
- gewinnen ein Verständnis von den didaktischen Konsequenzen hinsichtlich des Einflusses verschiedener westgermanischer Sprachen auf den Erwerb niederländischer Morphologie und Syntax.
Hinsichtlich des Forschungsprojekts standen folgende Lernziele im Fokus: Die Studierenden werden in die Lage versetzt…
- den aktuellen Stand der Forschung nachzuvollziehen und zusammenzufassen,
- eine Problemstellung und eine relevante Forschungsfrage zu entwickeln und entsprechende Hypothesen zu formulieren,
- ein sprachliches Phänomen zu identifizieren, das sich zur Überprüfung der Hypothesen eignet,
- ein Forschungsdesign zu entwerfen und zu implementieren,
- sprachwissenschaftliche Daten zu erheben, zu analysieren und zu interpretieren,
- Forschungsergebnisse zu formulieren, zu präsentieren und zu reflektieren.
(Lern-)Aktivitäten der Studierenden
Das leitende Prinzip der Lehrveranstaltung stand unter dem Motto „Learning by Doing“. Die Forschungsvorhaben wurden auf Basis des fachlichen und methodischen Inputs so eigenständig wie möglich durchgeführt. Zufälle und Ideen wurden dabei als Chancen des wissenschaftlichen Arbeitens wertgeschätzt; Fehler und Irrwege als Grenzen. Hierdurch wurden nicht nur die inhaltlichen und forschungsrelevanten Kompetenzen der Studierenden gefördert, weiterhin wurden hierdurch auch ihre Neugierde und Motivation angesprochen. Die Motivation der Studierenden war maßgeblich für den Erfolg des Seminars. Die Seminarveranstaltungen im Sinn der Experimentierwerkstatt wurden als Ort des wissenschaftlichen Austausches genutzt. Außerhalb der Seminarveranstaltungen haben die Studierenden ihre Forschungsdesigns entwickelt und implementiert. Der Fortschritt der Forschungsvorhaben wurde jeweils durch die Einreichung eines ersten Exposé-Entwurfs, des finalen Exposés, einer Präsentation sowie eines ersten Hausarbeitsentwurfs dokumentiert. Diese Einreichungen sowie die oben beschriebenen Plenumsgespräche waren Basis für das kontinuierliche Feedback durch die Lehrperson.
Prüfung und Bewertung
Die Prüfungsleistungen im Seminar bestanden aus der aktiven Teilnahme der Studierenden, welche zu Beginn des Seminars gemeinsam mit den Studierenden definiert wurde, und einer Hausarbeit, in der das Forschungsvorhaben einschließlich der Forschungsergebnisse sowie mögliche didaktische Implikationen der Forschungsergebnisse präsentiert und diskutiert wurden. Zentrale Aspekte der Leistungsbewertung waren das Forschungsdesign, die Datenanalyse und die Präsentation der Forschungsergebnisse. Zudem wurde den Studierenden angeboten, im Nachgang des Seminars im Rahmen eines Schreibworkshops einen Beitrag für die niederländischsprachige Onlinezeitschifft „Jong Neerlandistiek“ anzufertigen. Hierdurch sollte den Studierenden ermöglicht werden, ihre Forschungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Darüber hinaus hatten die Studierenden so die Möglichkeit, erste Erfahrungen hinsichtlich der Publikation wissenschaftlicher Beiträge zu sammeln. Drei der neun Studierenden machten von diesem Angebot Gebrauch. Der Beitrag ist hier einzusehen.
Erfahrungen & Feedback
Die Erfahrungen mit diesem Lehrkonzept waren sehr gut. Anfänglich war nicht sicher, ob die Hauptzielgruppe dieses Seminars – Studierende des Zwei-Fächer-Bachelors Niederlandistik im vierten Semester, die zum Großteil zum ersten Mal eine sprachwissenschaftliche Hausarbeit anfertigen – bereits über ausreichend Kompetenzen verfügen, um ein Forschungsvorhaben eigenständig zu entwickeln und umzusetzen. Dieses gelang den Studierenden (nach Modifikation des Blogs) allerdings außerordentlich gut und entsprach auch dem Wunsch vieler Studierender der Niederlandistik. In vergangenen Semestern ist immer wieder der Wunsch geäußert worden, nicht nur eine theoretische Hausarbeit (Ausarbeitung eines Forschungsdesigns) anzufertigen, sondern dieses Forschungsdesign auch in die Tat umzusetzen. Die eigenständige Entwicklung und Durchführung eines sprachwissenschaftlichen Forschungsvorhabens hat diesem Wunsch entsprochen und zu einer positiven und lehrreichen Erfahrung seitens der Studierenden geführt, wie dem folgenden Studierendenzitat aus der Lehrevaluation zu entnehmen ist.
„Ich fand den Aufbau des Seminars sehr gut, sowie die Heranführung an das Thema. Ich fand es auch gut, dass wir unsere eigene Studie durchführen können. Das hat für mich wirklich was mit wissenschaftlichem Arbeiten zu tun. Das hatte ich so zum ersten Mal in meiner Uni-Laufbahn. Mir hat das Seminar auch sehr viel Spaß gemacht und ich konnte zu jeder Zeit dem Inhalt folgen. Ich fand auch den Blog sehr gut, auch wenn er anders angedacht war, aber so kann man sehr schön unsere Entwicklung verfolgen und immer wieder auf bestimmte Themen zurückgreifen!“
Als nachteilig erwiesen hat sich die zeitliche Beschränkung durch das Semester, wodurch die Forschungsvorhaben nur durch eine strenge Zeitplanung umgesetzt werden konnten. Entspannt wurde der enge Zeitplan wiederum dadurch, dass beispielsweise der Prozess der Erstellung sprachwissenschaftlicher Testitems im Plenum besprochen wurde, die Lehrperson allerdings die eigentlichen Testitems erstellt und den Studierenden zur Verfügung gestellt hat. Nichtsdestotrotz blieb ein gewisser zeitlicher Druck bestehen, welchen auch die Studierenden spürten, wie dem folgenden Studierendenzitat aus der Lehrevaluation zu entnehmen ist.
„Ich finde die Idee der eigenen Studie toll! Allerdings habe ich das Gefühl, dass wir zum Schluss etwas unter Zeitdruck geraten sind und dadurch die Analyse der Ergebnisse sowie die eigentliche Studie etwas zu kurz gekommen sind. Vielleicht würde es helfen, beim nächsten Mal etwas weniger Zeit für den Aufbau und die Gestaltung der Studie zu verwenden. Obwohl ich das auch sehr gut fand. Ich glaube, wir hätten einfach generell mehr Zeit gebraucht aber leider ist das Semester zu kurz dafür gewesen.“
Ja, „leider ist das Semester zu kurz dafür gewesen“. Dennoch gelang es allen Studierenden, ihre Forschungsvorhaben durchzuführen und eine Hausarbeit einzureichen. Die Resultate der Lehrveranstaltung waren überdurchschnittlich gut.