Allgemeines

Lehrende:r
Wiebke Trunk

Foto von Wiebke Trunk.

Veranstaltung
„Von Kunst aus sprechen“

Modul
3.06.042 (Basismodul kum040 Kunst, Medien und ihre Vermittlung)

Studiengang
Kunst -Vermittlung -Bildung, 2 Fächer Kunst und Medien BA

Fakultät
Fakultät III – Sprach- und Kulturwissenschaften

Institut
Institut für Kunst und visuelle Kultur

Turnus
Wöchentlich

Anzahl Studierende
34

KP des Moduls
2 Teilleistungen á 4,5KP

Prüfungsform
Aufgabenblatt

Kategorien
Forschendes Lernen
Kunst, Materielle Kultur und Musik
Lehrkräftebildung
OLE+
Online-Meetings
Seminar

Die Herausforderung mit der wir uns in diesem Semester befasst haben, bestand darin, Aufgaben für den Kunstunterricht zu entwickeln – genauer: Das Ziel war die Entwicklung von Ar­beitsblättern für eine differenzierte und vertiefte Auseinandersetzung mit Kunstwerken als Produktions- und Kommunikationsanlass. Dadurch sollte das Bewusstsein für die Qualität von gutem Arbeitsmaterial geschaffen werden – gerade für den Bereich Kunstunterricht eine notwendige Überlegung. Tatsächlich existieren (etwa im Netz u.a. auf entsprechenden Seiten der Bildungsservers der Länder) Vorschläge für Aufgaben im Kunstunterricht, die sich oftmals und in erster Linie mit Techniken befassen oder auch mit pauschalisierten Möglichkeiten der Darstellung (Wie zeichnet man ein Gesicht? Wie eine Landschaft? Wie Architektur?). Wenig Berücksichtigung findet dagegen die Auseinandersetzung mit Inhalten – wie etwa Fragen nach Gesellschaft, nach individuellen Gesichtszügen oder auch nach Normierungen von ‚Schönheit’. Ausgangspunkt waren u.a. zunächst anonymisierte Zeichnungen wie oben die Skizze aus Albrecht Dürers Brief vom 8.9.1509 an Willibald Pirckheimer (Stadtbibliothek Nürnberg, PP 394,7).

Das Material – Texte und Bilder

Im Seminar haben wir uns abwechselnd mit Text- und Bildmaterial auseinandergesetzt. So haben wir erstens Abschnitte aus der Publikation von Eva Sturm (Wo kommen wir dahin? Berlin, 2004) gelesen. Darin werden Rezeptionsvorgänge beschrieben, die der französischen Philosoph Roland Barthes (Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie. Übers. Dietrich Leube. Suhrkamp, Frankfurt 1989 (franz. La chambre claire, Paris 1980)) mit dem Begriff „punctum“ versucht hatte zu fassen. Diese gehen über das bloße Interesse an einer künstlerischen Arbeit hinaus, indem im Zentrum der Begegnung mit einem Kunstwerk/einer Fotografie das Getroffen-werden steht – also ein Moment, dem man sich nicht entziehen kann, der einen aber umso mehr fesselt, ohne dass man dies (gleich) zu begründen imstande wäre. Warum fesselt mich der Punkt/das Detail/der Blick etc.? Warum befasse ich mich damit, ohne es gleich zu wissen? waren hier mögliche Fragen. Das punctum bezeichnet – im Gegensatz zum studium – etwas Indifferentes. Das studium meintdagegen ein Interesse, das sich an (kunsthistorischem) Wissen orientiert. Diese Publikation von Eva Sturm diente uns als Anregung, um die Verknüpfung von Kommunikation und Kunst zu reflektieren und zwar insofern, als hier der ›Anker‹ Kunst als Ausgangspunkt genommen wurde für etwas, das sich nicht sofort verbalisieren ließ. Dem „Sprechen über Kunst“ kam dabei die basale Rolle zu, den Prozess der Rezeption widerzuspiegeln und möglicherweise auszuhalten, dass das, was jeweils besondere Aufmerksamkeit erregte, nicht ohne weiteres fassbar war. Von hier aus wollten wir verstehen, wie die Auswahl an/Entscheidungen für Arbeiten in künftigen Unterrichtsentwürfen gestaltet werden kann. Es ging also darum, sich den Vorgang der individuellen Auswahl für bestimmte Arbeiten bewusst zu machen und damit auch den Unterschied zwischen subjektiven Entscheidungen (punctum) und den Versuchen einer Objektivierung (studium) durch die formulierte Aufgabe zu verstehen.
Die zweite Publikation, mit der wir uns deshalb befasst haben, war die von Roland Nyffeler und Helen Hagenbuch (Aufgaben stellen (und verstellen), München, 2019). In dem Buch befassen sich die Autor*innen u.a. mit dem Problem der Konzeptualisierung von Aufgaben für den Kunstunterricht. Sie thematisieren etwa Fragen wie: Was ist überhaupt eine gute Aufgabe für den Kunstunterricht? Welche Kriterien sind maßgeblich und wie stelle ich sie zusammen?
Mit diesem Textmaterial wurde die Problematisierung der Aufgabenentwicklung für den Kunstunterricht und die je eigene Position der angehenden Kunstlehrer*innen einerseits fundiert.
Andererseits stand den Student*innen ein umfangreicher Pool an anonymisierten Zeichnungen zu Verfügung, in den die Student*innen selbst Arbeiten eingefügt hatten. Ergänzt wurde die Sammlung durch weitere Blätter aus der Kunst (z.B. von Albrecht Dürer, Romane Holderied Kaesdorf, Alexander Roob, Cy Twombly).

Das Bildmaterial

Von diesem theoretischen und praktischen Material ausgehend haben wir uns stufenweise an die Konzeption eines stärker inhaltlich ausgerichteten Aufgabenblattes für potenzielle Schüler*innen herangetastet. Hier sollten weniger künstlerische Techniken berücksichtigt als vielmehr deutlich stärker die Auseinandersetzung mit Inhalten thematisiert werden. Jeweils eine Arbeit aus dem Pool sollte die Grundlage für dieses Konzept bilden. Die Arbeitsblätter konnten eine oder mehrere Seiten umfassen und die Klassenstufe und Wahl der fiktiven Schüler*innen war selbst festlegbar.  

Die Herausforderung: Arbeitsblätter für den Kunstunterricht

Wie sich zeigte, ist diese Herausforderung nicht zu unterschätzen. Die Konzeption von Arbeits-/Aufgabenblättern ist extrem komplex – hat man doch die jeweiligen Fähigkeiten der Schüler*innen sowie ihre Interessen und ihre Zugänge zu einem verdichteten Kunstwerk einzuschätzen und zu entwickeln. Der Prozess der Auseinandersetzung mit dem punctum ist zwar sehr gut gelungen und damit die Kommunikation „von Kunst aus zu sprechen“, aber die entstandenen Blätter zeigten häufig dann doch wieder die bloße Problematisierung von Umrisszeichnung, Schraffur oder auch räumlicher (inhaltsfreier) Darstellung. Vermutlich ist die Ausdehnung einer so ausgerichteten Veranstaltung auf mindestens zwei Semester anzudenken, womit dann auch stärker die Frage danach behandelt werden kann, wie eigentlich inhaltliche Fragen im Fach Kunst angegangen werden können; und nicht zuletzt könnte dann intensiver das sprachliche Formulieren der Aufgaben selbst berücksichtigt werden (u.a. auch in einer nicht-deutschen Sprache).

Die Prüfungsleistung und ihre Bewertung

Die schrittweise Entwicklung hin zur Erstellung eines individuellen Arbeitsblattes wurde durch benotete und unbenotete Prüfungsleistungen vorgenommen. Die Student*innen wurden zunächst kurz vor Beginn der Veranstaltung gebeten, eigene Zeichnungen (anonymisiert) in den Pool einzustellen (unbenotet). Während der Veranstaltung selbst wurden (benotete) Gruppenreferate (i.d.R. Powerpointpräsentationen) vergeben, die ca. 30 Minuten Redezeit umfassten und anschließend gemeinsam diskutiert wurden. Dazu gehörte etwa die Aufgabe, drei Arbeitsblätter für den Kunstunterricht im Netz zu suchen, vorzustellen und zu beschreiben. Gefragt war hier danach, was für optimal und was für optimierbar gehalten wurde. Andere Referatsthemen befassten sich damit, eine Verbindung von drei selbst bestimmten Zeichnungen aus dem Pool mit ebenso selbst gewählten Textpassagen zusammenzuführen; dabei ging es darum, welche Zeichnungen bestimmte Passagen in den Texten veranschaulichen. Für die vorlesungsfreie Zeit schließlich war ein individuelles Arbeitsblatt (benotet) zu entwickeln, das bis zum Beginn des kommenden Semesters fertigzustellen war; die Altersgruppe der fiktiven Schüler*innen war ebenso frei wählbar, wie die Zeichnung aus dem Pool, von der man ausgehen wollte. Gegebenenfalls konnte ein Gedanke aus den gelesenen Texten hinzugefügt werden. Das Anliegen und die Struktur dieses Arbeitsblattes konnten, wenn gewünscht, auf einem Extrablatt erläutert werden (unbenotet). Die Texte waren als Hausaufgabe vor dem jeweiligen Termin zu lesen (unbenotet).


Beispiel Arbeitsblatt 1

Beispiel Arbeitsblatt 2