Allgemeines

Lehrende
Hendrik Wolter

Bild von dem Lehrenden (Hendrik Wolter)

Sebastian Rohe

Bild von dem Lehrenden (Sebastian Rohe)

Veranstaltung
Die Energiewende unter der Lupe: Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf regionale Erneuerbare-Energien-Systeme

Modul
wir919, wir939; sow936

Studiengänge
Master Sustainability Economics and Management; Master Sozialwissenschaften

Fakultät
Fakultät II – Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften

Institut
Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften

Semester
SoSe 2020

Turnus
Wöchentlich

Anzahl Studierende
Durschnittlich 15-20

KP des Moduls
6 KP (3 KP pro Seminar)

Prüfungsform
Essay

Kategorien
Digitale Medien
Online-Meetings
Seminar
Video
Wirtschafts- und Rechtswissenschaften

Kurzbeschreibung

Die Energiewende in Deutschland wird nicht auf einer abstrakten „nationalen Ebene“ beschlossen und im luftleeren Raum umgesetzt, sondern sie ist unter anderem in soziale, wirtschaftliche, politische und technische Zusammenhänge eingebettet. Innerhalb dieser Zusammenhänge findet die Energiewende vor allem dezentral statt – also im lokalen und regionalen Kontext. Dabei sind nicht nur volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Abwägungen oder technische Herausforderungen von Relevanz, sondern auch die Wechselwirkung von Energiesystemen mit gesellschaftlichen Strukturen.

Vor diesem Hintergrund sollen in diesem Seminar bestimmte Zusammenhänge und Phänomene in regionalen Erneuerbare-Energien-Systemen aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Perspektiven beleuchtet werden. In jeder Sitzung steht dafür jeweils ein wissenschaftlicher Text im Mittelpunkt. Die Texte bieten verschiedene theoretisch-konzeptionelle Zugänge und empirische Untersuchungen aus wirtschaftsgeografischen, politikwissenschaftlichen, institutionenökonomischen, soziologischen, aber auch interdisziplinären Perspektiven.

Anhand von Leitfragen sollen die Texte fortlaufend im Seminar diskutiert und verglichen werden: Welche Erkenntnisse bietet der Text für Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die das Energiesystem mitgestalten? Welche theoretischen Bezüge und Zugänge eröffnet der Text? Inwieweit gelten die Schlussfolgerungen für ländliche und urbane Räume? Inwieweit sind die Forschungsergebnisse auch für andere Technologien (z.B. PV, Speicher) und Sektoren (z.B. Mobilität, Wohnen) relevant?

Bei der Gestaltung des Seminars orientieren wir uns am Konzept des Forschenden Lernens. Zu der konzeptionellen Einordnung unserer Leseseminare in das Forschende Lernen haben wir bereits ein Working Paper verfasst: „Wie, wir lesen?“ Leseseminare als Bausteine forschenden Lernens in den Wirtschaftswissenschaften.

Inhalte und Lernziele

Die Studierenden a) können wissenschaftliche Texte strukturiert lesen, verstehen und kritisch diskutieren; b) bekommen ergänzend zu den vorhandenen Veranstaltungsangeboten im Studium einen Überblick über sozialwissenschaftliche Diskurse im Themenfeld regionale Energiewende; c) verstehen technische und wirtschaftliche Grundmerkmale von erneuerbaren und dezentralen Energiesystemen und können ihre sozialwissenschaftliche Bedeutung einordnen; d) können regionale Erneuerbare-Energien-Systeme aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Perspektiven analysieren und erklären.

Aktivitäten der Studierenden

Innerhalb des Seminars lesen die Studierenden sieben wissenschaftliche Paper und wir diskutieren sie gemeinsam. Es wird daher von den Studierenden explizit erwartet, dass die jeweiligen zu diskutierenden wissenschaftlichen Texte gelesen und vorbereitet werden. Daneben geben wir im Laufe des Seminars verschiedene inhaltliche Inputs, z.B. zu Lesestrategien, Critical Thinking, oder auf Wunsch der Studierenden auch zu anderen spezifischen Themen oder Methoden.

Herausforderung Online-Lehre

Das Leseseminar lebt eigentlich von Präsenz und der „physischen“ Diskussion miteinander. Daher war eine Umstellung für uns besonders herausfordernd. Jeden Text diskutieren wir nach einem bestimmten Schema auf der Basis von vier Leitfragen. Zu den Leitfragen werden „Spezialist*innen“ zugeteilt, die quasi für die Reflektion des Textes mittels dieser Leitfrage verantwortlich sind. In dieser Rolle sollten sie zumindest zu „ihrer“ Leitfrage beim Lesen des Textes Notizen machen und sie den anderen zur Verfügung stellen. Hier ein schematischer Überblick zu einer „Standardsitzung“:

  1. Vorstellung Autoren und Journal
  2. Paper-Rating: Wie hat euch der Text gefallen? (Skala 1-10)
  3. Leitfragen diskutieren / Spezialist*innen
  4. Kernaussagen zusammenfassen, Unklarheiten und Verständnisfragen klären
  5. Blick auf das Literaturverzeichnis
  6. Textkritik: Lob & Kritik (anhand der Kriterien des kritischen Denkens)
  7. Paper-Rating: Wie hat euch der Text gefallen? (Skala 1-10)

Die Vor- und Nachbereitung haben wir nun in Stud.IP-Tools ausgelagert und die „Live-Diskussion“ an Videokonferenzen in BBB angepasst. Die ausschließliche Nutzung von Stud.IP soll vor allem eine Überforderung vermeiden, die eine Nutzung zu vieler verschiedener Plattformen und Tools möglicherweise erzeugt.

Nutzung von Stud.IP-Tools

Forum: Fragen, Kommentare und Diskussion zu inhaltlichen Video-Inputs sowie technischen und allgemeinen Fragen. So können die Live-Sitzungen besser vorbereitet werden und “kleinere” Punkte außerhalb der Live-Sitzungen geklärt werden.

Dateien: Hier werden wie üblich Literatur und Vortragsfolien hochgeladen. Außerdem werden hier die inhaltlichen Video-Inputs zur Verfügung gestellt.

Screenshot der Dateiordner und Dateien innerhalb der Stud.IP-Veranstaltung


Wiki: Zentral! Nutzen wir als Wissenssammlung zu den gelesenen Texten. Hier protokollieren wir als Dozenten (und im Laufe des Semester ggf. auch die Studierenden) die Kernergebnisse der Texte, die wir in den Live-Sitzungen diskutiert haben. Außerdem tragen die Leitfragen-Spezialist*innen dort ihre Notizen bis zum Vorabend der Live-Sitzungen (Stichzeit Mittwoch 12 Uhr) ein und ergänzen dort im Nachgang der Sitzung. Die Paper-Ratings der Studierenden werden hier ebenfalls protokolliert.

Screenshot des Wikis in Stud.IP 1
Screenshot des Wikis in Stud.IP 2

Literaturempfehlungen: Hier wird weiterführende Literatur zu dem jeweiligen Thema des diskutierten Textes von uns angegeben. Die Empfehlungen werden laufend durch uns aktualisiert.

Screenshot der Literaturempfehlungen innerhalb von Stud.IP (integriert ins Wiki)


Meetings: Hier befindet sich der Zugang zu unserem virtuellen Seminarraum.

Schematischer Ablauf einer Live-Sitzung

Es sind grundsätzlich alle auf stumm geschaltet. Video haben nur die beiden Dozenten aktiviert. Die Studierenden können sich über den Chat melden, wenn sie etwas sagen möchten.

Wir nutzen in BBB den Chat, das Umfrage-Tool und Breakout-Rooms.

Den “Standardablauf” einer Präsenzsitzung haben wir folgendermaßen in ein Online-Format überführt:

  1. Vorstellung Autoren und Journal
    • Per Meldung signalisieren, wer die Vorstellung machen möchte
    • Ergänzungen/Richtigstellungen per Meldung
  2. Paper-Rating: Wie hat euch der Text gefallen? (Skala 1-10)
    • Abstimmung per Umfrage (via ‚Pingo‘, weil BBB nur fünf Antwortoptionen zulässt), Visualisierung der Ergebnisse per Screen-Sharing
    • Moderatoren holen kurze Statements von einzelnen Studierenden ein
  3. Leitfragen diskutieren / Experten
    • Spezialist*innen geben Statements ab (jeweils 1 pro Leitfrage)
    • Anschließend Reaktion und Diskussion per Meldung
    • Nach diesem Block 5 min. Pause
  4. Kernaussagen zusammenfassen, Unklarheiten und Verständnisfragen klären
    • Per Zufallsauswahl Zuteilung der Studierenden als Kleingruppen in Break-Out Rooms, in denen sie Kernaussagen diskutieren
    • Anschließend Einholen von Statements (Kernaussagen) von jedem Raum im Plenum
    • Möglichkeit, nach allen Statements per Meldung darauf zu reagieren
  5. Blick auf das Literaturverzeichnis
    • Per Meldung signalisieren, wer dazu einen Beitrag hat
  6. Textkritik: Lob & Kritik (anhand der Kriterien des Critical Thinking)
    • Abstimmung per Umfrage: Bei welchen Kriterien hat der Text gut „performt“?
    • Abstimmung per Umfrage: Bei welchen Kriterien hat der Text nicht so gut „performt“?
    • Visualisierung der Ergebnisse, Kommentare dazu per Meldung
  7. Paper-Rating: Wie hat euch der Text gefallen? (Skala 1-10)
    • Abstimmung per Umfrage, Visualisierung der Ergebnisse
    • Moderatoren holen kurze Statements von einzelnen Studierenden ein

Je nach Schwierigkeitsgrad, Tiefe oder Breite des Textes haben wir einzelne Schritte verschoben, intensiviert oder zusammengeführt. Hier haben wir auch oft spontan flexibel reagiert, indem zum Beispiel manchmal Schritt 4 und 5 in Break-Out Rooms ausgeführt wurden.

Prüfung und Bewertung

Prüfungsleistung ist das Verfassen eines wissenschaftlichen Essays. Hierzu haben wir punktuell Übungen und Diskussion im Seminarverlauf eingebaut. Unter anderem wurden den Studierenden Beispiel-Essays zur Verfügung gestellt, die dann untereinander (im Breakoutroom und anschließend im Plenum) diskutiert wurden. Es wurde auch eine Übung zum sogenannten „Paragraphing“ durchgeführt.

Evaluationsergebnisse

Graphische Darstellung der Evaluationsergebnisse der Veranstaltung

Unsere Learnings

Für erfolgreiche Online-Lehre konnten wir für uns persönlich die folgenden Learnings bzw. Erfolgsfaktoren identifizieren:

  • Eine feste und zuverlässige Struktur jeder Sitzung sowie gute/klare Organisation und Absprachen zwischen den beiden Lehrenden sind offenbar das A und O. Dies wurde gelobt, ist aber auch in diesem digitalen Setting ungleich aufwändiger als in Präsenzseminaren.
  • Die Nutzung des Wikis als Wissenssammlung im Vorfeld der wöchentlichen Textdiskussion klappt sehr gut. Die Studierenden tragen sehr gewissenhaft ihre Notizen im Vorfeld der wöchentlichen Textdiskussion dort ein und nehmen „ihre Verantwortung“ gut wahr. Außerdem funktionieren so auch die Diskussionen innerhalb des Seminars in BBB sehr gut!
  • Blended Learning durch Verlagerung kleiner 20-minütiger inhaltlicher Inputs in Screencasts funktioniert und wird angenommen.
  • Wir überfrachten nicht mit verschiedenen Formaten und Tools und nutzen kontinuierlich Wiki, Forum, 1-2x Break Out pro Sitzung und 2-3 Quizfragen zur Auflockerung. So hat sich bei den Studierenden auch bereits eine gewisse Routine im Umgang damit eingestellt.